Vancouver
- mmende1
- 12. Dez. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Ich bin das 1. Mal in dieser Stadt, sogar in diesem Land. Schon auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel spüre ich: das ist meine Stadt! Die Häuser, Straßenzüge, Gesichter der Menschen, die ganze Atmosphäre nimmt mich sofort sehr positiv für sich ein. Es fühlt sich einfach gut an.
Im Vorfeld der Reise habe ich schon meine alte Freundin „Frau GOGGLE“ nach einem Yogastudio befragt und jetzt stelle ich fest, dass es von meinem Hotel zum Studio nur 15 Minuten zu Fuß sind und bummle nach dem Abendessen dorthin. Eigentlich müsste ich nach dem langen Flug und aufgrund der 8stündigen Zeitverschiebung längst schlafen oder zumindest müde sein. Ich fühle mich zwar etwas groggy aber recht wach. Und irgendwie kribbelig und neugierig.
So schlendere ich also durch ein abendliches und winterliches Vancouver und genieße den Spaziergang; der Himmel ist dramatisch bunt nach dem Sonnenuntergang, eine sehr angenehme Stimmung. Hier ist es irgendwie ruhiger und weniger hektisch als ich es von anderen vergleichbar großen US-Städten kenne. Eines ist nicht neu: ich verlaufe mich. I am lost. Aber das ist nicht schlimm, lost war ich schon oft und hier befällt mich auch kein ungutes Gefühl, obwohl die Straßen immer menschenleerer und der Himmel immer dunkler werden. Es beginnt zu schneien und dicke Flocken rieseln sanft auf mich herab, es ist ganz still. Wintermärchen in der großen Stadt. Ich nehme tiefe Atemzüge und sehe am Ende des Häuserblocks das Emblem des von mir gesuchten Yogastudios: ONEYOGA for the People.
Ich interessiere mich für eine Stunde am nächsten Morgen und möchte mich schon mal vorab umschauen. Ich gehe hinein und finde mich in einem engen Treppenhaus wieder. Hier hängen Fotos von Yoga-Retreats und offensichtlich vom Gründer des Studios. Ein drahtiger, bärtiger junger Löwe, der unheimlich viel Kraft und Charisma ausstrahlt. Leider ist die Tür zum Studio verschlossen – „Class in Progress“. Schade. Aber gut zu wissen, dass während die Klasse in Asanas eintaucht alles Hab&Gut sicher verschlossen ist. Ich schlendere gemächlich zurück zum Hotel, dusche lang und ausgiebig und finde dann doch schließlich in einen erholsamen Schlaf.
Am nächsten Morgen mache ich mich gut gelaunt auf den mir nun bekannten Weg und erreiche mit einem Chai in der Hand und ohne „lost“ das Studio. Heute darf ich eintreten und vor mir liegt ein riesiges Loft mit Backsteinwänden. Ein offener Eingangsbereich mit langer Theke und wunderschönem Holzboden, hübsche alte Fenster. Es sind auch schon einige Yogis und Yoginis hier, es herrscht eine sehr freundliche Atmosphäre und ich fühle mich willkommen. Hier gilt das Prinzip „Yoga by Donation“ (für ausgewählte offene Stunden), d.h. man darf zahlen, was man kann und möchte, empfohlen werden $10,-. Das ist so, weil recht junge, „neue“ Yogalehrer unterrichten (oder solche, die die Gemeinschaft unterstützen wollen und die, die es sich leisten können, auch Yogalehrer müssen schließlich von etwas leben). Ich kann mir auch eine Matte leihen, Gebühr $2,-. Ich gebe $15,-, ziehe mich kurz um, nehme mir ein kostenloses Zitronenwasser und lasse mich auf meiner Matte nieder. Was mir schnell auffällt: ungewöhnlich viele Männer sind hier. Viele vom Typ Löwe im Treppenhaus. Zuhause in Deutschland habe ich oft das Gefühl, die Jungs trauen sich nicht in Yogakurse oder finden es wohlmöglich „uncool“. Wie schön, dass man(n) das hier anders sieht!
Unsere Lehrerin, Marisa, kommt herein und beginnt, eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte von einem Gespräch mit ihrem Vater über Dualität. Darüber, dass es immer zwei Seiten gibt. Darüber dass das Eine oft das Andere braucht. Ohne Hell kein Dunkel, ohne Ziel kein Streben, ohne Anspannug keine Entspannung. Dieses Thema zieht sich durch die gesamte Stunde (90 Minuten) und ich bin beeindruckt – es regt zum Nachdenken an und ist quasi gleichzeitig Yoga für Körper und Geist, wie man es sich besser nicht wünschen kann. Auf assists verzichtet Marisa fast komplett und wenn ich mich zwischen den Asanas kurz umschaue merke ich auch, warum: es sind fast alles sehr erfahrene Yogis und Yoginis, die sich selbst gut einschätzen und korrigieren können. Für mich definitiv eine körperliche Herausforderung (nicht Überforderung) und ich genieße es, auch wenn mein Atem nicht immer so frei fließt, wie ich es selbst gerne predige ;-)
Ich hoffe, ich kann bald wieder hier sein! Die Räumlichkeiten, Atmosphäre und Menschen haben mir sehr gut gefallen und ich fühle mich bereichert und beschenkt.
Meine Bewertung:
Yogaraum/Ausstattung: 8 von 10 ********
Yogaunterricht: 8 von 10 ********
ONEYOGA for the people, 150 W Hastings Street, Vancouver, Kanada




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